Mit allen Hyperscalern vertraut Zoi: Cloud-Partner der schwäbischen Industrie
Autor Michael Hase
Der Stuttgarter Cloud-Spezialist Zoi wurde 2017 von Kärcher gegründet. Bei dem Startup handelt es sich aber um kein internes Digital Lab. Vielmehr tritt das junge, internationale Team als Digitalisierungspartner des gehobenen schwäbischen Mittelstands auf.
Anbieter zum Thema
Zoi TechCon GmbH
Manche Unternehmen lassen sich nur schwer in eine Schublade einordnen. Der Stuttgarter Cloud-Spezialist Zoi ist ein solcher Fall. „Wir sind organisiert wie ein Startup und haben eine Startup-Kultur“, beschreibt Benjamin Hermann, Geschäftsführer bei Zoi, das Profil des Dienstleisters. „Mit unserem Leistungsportfolio fokussieren wir uns aber auf große Industriekunden der Region und versuchen deren Probleme, die niveauvoll sind, mit Hilfe neuer Technologien zu lösen.“
Fachlich beschäftigt sich Zoi mit Cloud, Data Analytics, agiler Software-Entwicklung und IoT. Durch die Vorgeschichte des Unternehmens kennen sich die IT-Profis auch mit klassischer Infrastruktur aus, was durchaus von Vorteil ist. Denn bei ihren Kunden sind nach wie vor viele Legacy-Systeme im Einsatz. Der Anspruch ist es, Enterprise-IT und Leading-Edge-Technologien miteinander zu verbinden. Zur Klientel von Zoi gehört das Who is Who des gehobenen schwäbischen Mittelstands, durchweg global agierende Player. Diskretion wird in diesem Milieu großgeschrieben. Deswegen darf der Dienstleister, der in einem Loftbüro an der Cannstatter Industriemeile sitzt, nur wenige Kunden nennen wie etwa Ritter Sport und natürlich Kärcher, die eigene Muttergesellschaft.
Von ITM zu Kärcher
Das Startup entstand im Juli 2017. Seinerzeit wechselten rund 20 Mitarbeiter des Stuttgarter Beratungshauses ITM, das seit 2005 für den Reinigungsmaschinenhersteller tätig war und bereits 2012 bei ihm Cloud-Projekte umsetzte, zu Kärcher. Den zweiten Chefposten neben Hermann, der zuvor Geschäftsführer bei ITM war, übernahm Kärcher-Manager Daniel Heubach, inzwischen Bereichsleiter IT & Digital Transformation der gesamten Gruppe. Für alle Beteiligten stand von Anfang an fest, dass Zoi nicht als interne Digitalisierungseinheit agieren, sondern unter seiner Marke eigenständig am Markt auftreten würde. „Ich glaube nicht an das Konzept von Digital Labs“, betont Hermann. „Die Leute müssen nach draußen und dort Erfahrungen sammeln.“ Die externen Kunden wiederum sehen nach seiner Auskunft kein Problem darin, dass der Cloud-Spezialist zu dem Maschinen- und Gerätebauer gehört. „In der schwäbischen Industrie ist die Wertschätzung der Unternehmen untereinander groß.“
Die Motivation, mit seinem Team das Beratungshaus zu verlassen und innerhalb der Kärcher-Gruppe nochmal neu zu beginnen, bestand für den Zoi-Initiator darin, einen „nerdigen Arbeitgeber für unsere Region“ aufzubauen, wie er es ausdrückt. „Wenn Hochschulabgänger von hier bei einem Startup arbeiten wollen, dann gehen sie meist nach Berlin oder München.“ Tatsächlich sind bei Zoi mittlerweile Fachkräfte tätig, die von Konzernen aus dem Stuttgarter Raum kamen und die sich durch die Kultur, die Hermann zufolge durch flache Hierarchien, Agilität, Diversität und Kundennähe geprägt ist, angezogen fühlten. „Alle diese Eigenschaften, die für junge Talente hip sind, kann eine Firma dann am besten ausbilden, wenn sie die Chance hat, bei null anzufangen.“
Digitale DNA
Zoi steht übrigens für Zero, One, Infinity, also für die beiden Grundelemente der Digitalisierung und die unendliche Skalierbarkeit erprobter Lösungen. In den drei Jahren seit der Gründung ist der Dienstleister stark gewachsen, wohl deutlich stärker, als es dem Team der Cloud- und Software-Experten unter dem Dach von ITM möglich gewesen wäre. Zoi beschäftigt heute knapp 100 Mitarbeiter, die aus 18 Nationen kommen. Neben den Standorten Stuttgart und Berlin ist eine Niederlassung in Lissabon hinzugekommen. Weitere Büros sind in Ostasien und den USA geplant. Relativ hoch ist der Anteil an Frauen. Der beträgt 35 Prozent, während er bei IT-Beratungshäusern laut Hermann im Durchschnitt bei 14 Prozent liegt.
Das Spektrum von Zoi ist breit und schließt über die reine Technologie hinaus auch die Beratung zur Usability von Lösungen, zu agilen Organisationsformen oder zu digitalen Geschäftsmodellen ein. „Wir begleiten Kunden bei allen Schritten ihrer Transformation“, erläutert der Geschäftsführer. Dabei folgt der Dienstleister dem klassischen Modell einer Unternehmensberatung. „Unser Differenzierungsmerkmal besteht darin, dass wir auf all unseren Leistungsfeldern auch liefern: Wir beraten nicht nur durch einen Stapel Papier, wir bauen die Dinge auch auf.“ Das heißt, die Experten designen Cloud-Architekturen, migrieren Workloads, modernisieren Anwendungen oder entwickeln Cloud-native Software. Darüber hinaus löten sie aber auch elektronische Bauteile zusammen. Schließlich ist IoT ein wesentlicher Treiber des Geschäfts.
Als „nerdige“ Digitalschmiede einerseits, als Tochter eines schwäbischen Traditionsunternehmens andererseits sieht sich Zoi tatsächlich als Unikat. „Wir führen unsere Bücher so, wie es der Rechnungslegung eines Konzerns entspricht. Trotzdem sind wir ein Startup. Das gibt es nur einmal in Deutschland.“ Die Verwurzelung im Milieu der württembergischen Industrie bezeichnet Hermann als Vorteil, der in Zeiten des Fachkräftemangels den Reiz für Bewerber ausmacht. Anders als bei anderen Startups könnten sich Neueinsteiger sicher sein, dass sie „nicht die nächste Dating-App, das elfte Tinder“ entwickeln müssen, sondern sich mit Business-relevanten Themen befassen können.
(ID:46698129)